Darum ist Berkshire so ein Erfolg geworden: Interview mit Buffett-Kennerin Gisela Baur

Warren Buffett lädt die Aktionäre zur legendären Hauptversammlung nach Omaha ein. Wir nehmen das HV-Wochenende zum Anlass, um mit der Wirtschaftsjournalistin und Buffett-Kennerin Dr. Gisela Baur ein Interview zu führen. Sie befindet sich gerade vor Ort in den USA. Lest selbst, welche gut gehüteten Buffett-Geheimnisse wir ihr entlocken konnten.

Inhaltsverzeichnis

Über Gisela Baur 

  • Frau Baur schrieb Buffett im Jahr 1997 einen Brief und wurde daraufhin von ihm nach Omaha eingeladen. 
  • In den Jahren danach führte sie regelmäßig Interviews mit dem wohl erfolgreichsten Investor der Welt – lange Zeit als einzige Journalistin außerhalb der USA. 
  • 2008 organisierte sie sogar die Europareise für Warren Buffett und sorgte beispielsweise dafür, dass das „Orakel von Omaha“ auch in europäischen Hotels mit Hamburgern versorgt wurde. 
  • 2018 erschien ihr Buch „WARREN BUFFETT DER JAHRHUNDERTKAPITALIST“. Im Buch beschreibt Dr. Baur auf unterhaltsame und zugleich lehrreiche Weise, wie Buffett zum erfolgreichsten Investor der Welt aufgestiegen ist.

Das Interview

Jonathan Neuscheler: Hallo Gisela. Vielen Dank, dass du dir die Zeit nimmst, um das Interview zu führen. Bitte erkläre den Lesern zu Beginn kurz, worum es sich bei der Investmentgesellschaft Berkshire Hathaway überhaupt handelt.

Gisela Baur: Berkshire war ursprünglich eine Textilgesellschaft, die Buffett in den 60er-Jahren übernommen hat. Das hat er getan, weil diese Gesellschaft viel Kapital zur Verfügung hatte. Die Liquidität hat er genutzt, um andere Unternehmen sowie Aktienpakete an börsengehandelten Gesellschaften zu kaufen. Das wurde zum vollen Erfolg, weil er vor allem Firmen gekauft hat, die viel Cash erwirtschaften. Diese Mittel hat er dann direkt wieder investiert. Letztendlich ist Berkshire heute eines der wertvollsten börsennotierten Unternehmen der USA mit einem Portfolio aus unzähligen direkten Beteiligungen und Aktienpaketen anderer börsennotierter Gesellschaften. Der Fokus liegt auf Industrieunternehmen, Versicherungen und Konsumgüterherstellern aus den USA. Weniger vertreten ist Berkshire im Ausland, obwohl er sich dort immer wieder verstärken wollte. Zuletzt hat er seine Investments in Japan aufgestockt.

Jonathan Neuscheler: Für das Interview habe ich den Geschäftsbericht geöffnet. Auf einer der ersten Seiten ist zu sehen, dass die jährliche Rendite von Berkshire Hathaway seit dem Jahr 1965 bei fast 20 % und damit exakt doppelt so hoch wie die des S&P 500 liegt. Wie lässt sich eine derart große Überrendite über solch einen Zeitraum erwirtschaften?

Grafik 1: Historische Rendite der Berkshire Hathaway Aktie gegenüber dem S&P 500 Index

Bildquelle: Geschäftsbericht 2022, Berkshire Hathaway.

Gisela Baur: Viele Anleger versuchen schon seit Jahrzehnten, das herauszufinden und nachzumachen. Ein Teil vom Geheimnis ist seine Fähigkeit, künftige Einkommen von Firmen richtig einzuschätzen und dadurch ausrechnen zu können, wie hoch die Rendite seiner Investitionen sein wird. Außerdem ist er genial im Bilanzlesen. Es spielt sicher auch eine Rolle, dass es immer wieder Moden an der Börse gibt, denen viele hinterherrennen und dann überhöhte Preise zahlen, und er sich emotional von so etwas komplett abkoppeln kann und stets sehr rational investiert.

Jonathan Neuscheler: Weil die Rendite so hoch war, ist aus der kleinen Textilfabrik mittlerweile eines der wertvollsten Unternehmen des amerikanischen Aktienmarktes geworden. Das von Buffett geführte Unternehmen erreicht eine Bilanzsumme von fast einer Billion USD und damit über den Daumen gepeilt etwa die Hälfte der deutschen Staatsverschuldung. Trotzdem wird Berkshire Hathaway aus einer Zentrale geführt, in der nur 26 Mitarbeiter angestellt sind. Wie ist das möglich? 

Grafik 2: Trotz eines Personalbestands von 400.000 Mitarbeitern arbeiten in der Zentrale nur 26 Personen

Bildquelle: Geschäftsbericht 2022, Berkshire Hathaway.

Gisela Baur: Das kleine und kostengünstige Headquarter ist ein weiteres Puzzleteil im Rätsel um die Überrendite von Berkshire Hathaway. Die von Buffett geleitete Gesellschaft beschäftigt in der Zentrale inzwischen 26 Leute, für Berkshire ist das viel. Die Mitarbeiter in der Zentrale sind vor allem damit beschäftigt, die hochkomplexe Konzernbilanz zu erstellen. Berkshire ist eine einzigartige Firma, mir ist kein anderes vergleichbares Unternehmen bekannt, denn das Konstrukt funktioniert ausschließlich über Vertrauen. Wenn Buffett eine Firma kauft, lässt er das Management in seiner Position. Er lässt die Führungskräfte machen und hat dabei ein unglaubliches Gespür für Menschen. Deshalb hat er auch so gut wie nie daneben gelangt. Die Unternehmen der „Berkshire Familie“ arbeiten alle selbstständig und sind üblicherweise sehr ertragreich. Alles was er will, sind ein paar Geschäftszahlen und natürlich die Dividenden bzw. Ausschüttungen, um sie wieder anlegen zu können und so Berkshire in Zukunft noch größer und ertragreicher zu machen. 

Jonathan Neuscheler: Viele unserer Leser fragen sich, ob Buffett wirklich so einen ungesunden Lebensstil führt. Du kennst ihn gut, was ist dran an den Gerüchten und was steht bei Buffett typischerweise auf der Speise- und Getränkekarte? 

Gisela Baur: Seine Ernährung ist immer wieder ein Thema bei Buffett. Es ist tatsächlich so, wie es immer wieder beschrieben wird: Er isst Steaks, Hamburger, Hühnersuppe und er trinkt liebend gerne Coca-Cola. Alkohol hingegen meidet er komplett. Eis und Schokolade liebt er dafür umso mehr. Das Ganze ist nicht sehr gesund, aber er ist damit ganz schön alt geworden.

Jonathan Neuscheler: Zurück zum Investieren. Buffett ist unter anderem deshalb so erfolgreich, weil er seinen Investitionsstil im Laufe der Zeit immer wieder angepasst hat. Vor einigen Wochen stockte er seine Investments in Japan auf. Was steckt deiner Meinung nach dahinter?

Gisela Baur: Investitionen in den japanischen Markt sowie andere ausländische Beteiligungen sind für Buffett immer ein Thema gewesen. Er hat die letzten Jahrzehnte immer aktiver versucht, auch im Ausland auf Jagd zu gehen. Dafür hat er sogar die Werbetrommel gerührt. Natürlich gibt es für ihn eine gewisse Hemmschwelle, das hat vor allem mit dem Bilanzen lesen zu tun, weil die Bilanzen in anderen Ländern anders aufgebaut sind. Aber er ist definitiv interessiert, denn das Problem von Berkshire ist seit einigen Jahren, dass die Gesellschaft einfach unglaublich groß geworden ist und jeden Tag so viel Geld abwirft, dass es kaum noch investiert werden kann. Die Suche nach neuen Anlagemöglichkeiten allein auf dem US-Markt reicht schlicht nicht mehr aus. Daher schaut er sich im Ausland um und zuletzt ist er eben in Japan fündig geworden. Das heißt, er hat sich zuvor intensiv mit dem Markt beschäftigt. Dass er sich dann für mehrere Investitionen gleichzeitig entscheidet, hat eine gewisse Logik: Er kennt sich dort aus, hat sich alles angeschaut, weiß, was die Zahlen bedeuten und dann schlägt er gleich mehrfach zu. 

Jonathan Neuscheler: Seit vielen Jahren reist du gerne zur Hauptversammlung. Was reizt dich an diesem Event besonders?

Gisela Baur: Was ich immer wieder gut gebrauchen kann, ist Buffetts Grundoptimismus in Richtung Kapitalismus und auch für die Menschheit. Er erinnert daran, dass wir Probleme lösen können und werden. Es tut gut, dass immer wieder zu hören und aufzufrischen. Der zweite Aspekt ist, dass es rund um die Hauptversammlung eine große Zahl von Treffen, Konferenzen und Partys gibt. Nirgendwo sonst kommen so viele Value Investoren an einem Ort zusammen. Daher ist die HV auch eine Gelegenheit, um sich mit anderen auszutauschen, das Netzwerk zu stärken, neue Leute kennenzulernen und Ideen aufzuschnappen.

Jonathan Neuscheler: Kommen wir zur Abschlussfrage. Denkst du, dass der Kauf von Berkshire Hathaway Aktien ein besseres Investment als der S&P 500 ist? Wie unterscheiden sich die beiden Anlagen?

Gisela Baur: So pauschal kann ich das nicht beantworten. Wir wissen alle, dass ein Depot so aufgestellt sein sollte, dass die einzelnen Teile zusammenpassen. Ich denke, Berkshire ist ein erstklassiger Industrie- und Konsumgüterfonds mit Schwerpunkt auf den USA. Der Fonds hat minimale Verwaltungsgebühren, wir sprachen von den 26 Mitarbeitern in der Zentrale, und es handelt sich um eine sehr gute Auswahl an Unternehmen. Daher ist die Berkshire Aktie auf jeden Fall eine Überlegung wert und sei es auch nur, dass man damit die Eintrittskarte für die Hauptversammlung bekommt.

Jonathan Neuscheler: Vielen Dank für deine Zeit. Ich wünsche dir viele schöne Eindrücke in Omaha. 

Eine klare Leseempfehlung: Das Buch „WARREN BUFFETT DER JAHRHUNDERTKAPITALIST“

In Vorbereitung auf das Interview habe ich mir das Buch von Gisela nun ein zweites Mal durchgelesen. Es handelt sich um ein sehr spannend geschriebenes Werk, das mich immer wieder zum Schmunzeln gebracht hat. Gisela schildert im Buch, von welchen Personen Buffett bei seinem Aufstieg vom Zeitungsjungen zum Milliardär besonders geprägt wurde und was er von diesen Personen gelernt hat. Außerdem ist das Buch reich gespickt mit interessanten Punkten über den Aufstieg Amerikas zur Wirtschaftsmacht Nummer Eins. Trotz der vielen Informationen ist es leicht zu lesen und ich habe mich während der Lesezeit jeden Abend aufs Neue gefreut, ein paar weitere Seiten lesen zu dürfen.

Sogar Warren Buffett hat das Buch gelesen. Er sagt über das Buch von Gisela Baur: „Eine fundierte, umfassende und wirklich gut geschriebene Geschichte meines Lebens.“  

Ich kann euch das Werk ans Herz legen, ihr könnt es über den folgenden Link bestellen. 

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Du willst noch mehr über Buffett erfahren?

Dieses Interview ist nur ein kleiner Ausschnitt des Livestreams, den wir am Mittwochabend mit Dr. Gisela Baur für alle Abilitato Club Mitglieder organisiert haben.

Im Rahmen unseres Formats „Abilitato Gespräch“ laden wir unsere Club Mitglieder einmal monatlich zu einem Video-Livestream ein. In den Gesprächen beleuchten wir gemeinsam mit verschiedenen Experten die wichtigen Grundlagen des langfristigen Investierens.

Durch die Teilnahme machen unsere Club Mitglieder jeden Monat Fortschritte bei ihrer finanziellen Bildung. Das Gespräch wurde aufgezeichnet und kann von allen Club Mitgliedern jederzeit angeschaut werden.

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    Kommentare zu diesem Blogbeitrag

    Eine Antwort

    1. Warren Buffet ist und bleibt eine Legende. Das er Coca Cola liebt (er hält die Aktie an sich seit 1988!), ist ja allseits bekannt. Das er allerdings das Headquarter mit 26 Mitarbeiter führt, war mir neu! Von dieser Effizienz können sich viele deutsche Unternehmen eine Scheibe abschneiden!

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