Überblick über den Artikel
CO2-Neutralität 2045: Deutschland will die CO2-Neutralität im Jahr 2045 erreichen. Doch noch ist das Ziel in weiter Ferne. Wenn im aktuellen Tempo weitergemacht wird, droht eine meilenweite Zielverfehlung.
Ein riesiger Umbau steht bevor: Damit das äußerst ambitionierte Ziel der Klimaneutralität erreicht werden kann, sind gewaltige Anstrengungen erforderlich. Fast die gesamte Wirtschaft muss umgebaut werden.
Wie mitverdienen? Der Umbau führt zu enormen Kosten und Risiken. Doch je größer die Probleme, desto größer sind auch die Chancen. Wir machen zuerst eine Bestandsaufnahme. Anschließend stellen wir interessante grüne Aktien vor, mit denen Anleger am klimaneutralen Umbau der Wirtschaft mitverdienen können.
Neu: Dieser Artikel auch als Video verfügbar
Wer lesefaul ist, kann sich das folgende Video anschauen. Konstantin Wacker hat uns auf seinen YouTube-Kanal „finanzfunk“ eingeladen. Dort haben wir gemeinsam über den klimaneutralen Umbau der Wirtschaft gesprochen.
Im Video konnten wir nicht jedes Detail des vollständigen Artikels auf diesem Blog erwähnen, aber wir sind auf die relevanten Punkte bzw. das „Big Picture“ eingegangen. Viel Spaß beim Anschauen!
Ausgangsthesen und Bestandsaufnahme
In diesem Artikel betrachten wir den bevorstehenden klimaneutralen Umbau der Wirtschaft aus der Vogelperspektive. Wir wollen die aktuelle Lage so präzise wie möglich wiedergeben. Nicht jede Statistik und jede Schlussfolgerung wird allen Lesern gefallen.
Doch gerade der kritische Blick ist wichtig, um eine solch gewaltige Aufgabe überhaupt lösen zu können. Los geht’s mit unseren fünf Thesen:
Der Klimawandel ist ein globales Problem
Auch wenn in Deutschland manchmal ein anderer Eindruck entsteht: Der Klimawandel betrifft die ganze Welt. Es gibt ein einziges Weltklima. Sollte Deutschland im Jahr 2050 seine Klimaziele erfüllt haben, andere Länder jedoch weiterhin wie eh und je CO2 in die Atmosphäre blasen, dann wird der Klimawandel nicht einfach einen Bogen um Deutschland machen.
Daher sollte Deutschland keinesfalls einen Alleingang wagen – und mit einer Vielzahl von eher abschreckenden Verboten irgendwie auf Biegen und Brechen die Ziele erreichen. Dieses Beispiel wäre für andere Länder stark abschreckend – der deutsche Weg würde international zu einem Irrweg werden.
Der größte deutsche Beitrag zur Lösung des Klimaproblems sollte darin liegen, neue und überlegene Technologien zu entwickeln. Dazu ein Beispiel: Sobald es wirtschaftlich gesehen günstiger ist, die Heizung mit einer umweltfreundlichen Wärmepumpe zu betreiben, als Jahr für Jahr hohe Gasrechnungen zu bezahlen, wird die Energiewende von allein Fahrt aufnehmen.
So kann Deutschland für das Weltklima einen weitaus größeren Beitrag leisten, als nur die Emissionen im eigenen Land herunterzufahren.
Übrigens ist der Anteil der deutschen CO2-Emissionen an den weltweiten Emissionen verschwindend gering: Er lag im Jahr 2020 gerade einmal bei 1,85 %.
Natürlich ist dies keine Ausrede dafür, hierzulande nun auf die Bremse zu treten. Wir sollten weiterhin unseren Weg in Richtung Klimaneutralität gehen. Doch um die Ziele des Pariser Klimaabkommens wirklich erreichen zu können, muss jedes Land mitziehen.
Zuerst folgt ein Blick auf die Entwicklung des weltweiten Energieverbrauchs:
Weltweiter Energieverbrauch nach Energieträgern
Auf dieser Grafik ist zu sehen, dass der weltweite Energieverbrauch nur eine Richtung kennt: Nach oben.
Seit dem Jahr 1950 hat sich der Energieverbrauch versechsfacht. Und der Energiehunger hat noch lange kein Ende gefunden: Vielen Menschen in Asien, Afrika und Südamerika steht der wirtschaftliche Aufstieg noch bevor.
Weiter geht’s zur zweiten These:
Klimaneutraler Umbau steht erst ganz am Anfang
Weltenergieverbrauch nach Energieträgern im Jahr 2019
Mit welchen Energieträgern stillt die Welt aktuell den gewaltigen Energiehunger? Obwohl die Erneuerbaren Energien nun schon seit ein paar Jahrzehnten ausgebaut werden, liegt ihr Anteil noch immer im verschwindend geringen Bereich.
Der Weltenergieverbrauch wird noch immer zu 84 % aus den drei fossilen Energieträgern Öl, Kohle und Gas gedeckt.
Die übrigen 16 % des Weltenergiebedarfs werden mehrheitlich über Atomkraftwerke und Wasserkraftwerke gedeckt.
Den meisten Lesern fallen beim Gedanken an Erneuerbare Energien wohl zuerst Solarkraft und Windkraft ein. Doch diese beiden Energiequellen steuern zusammen erst 3,3 % zum weltweiten Energieverbrauch bei!
In anderen Worten: Trotz der jahrzehntelangen Bemühungen stehen wir beim Umstieg auf eine CO2-neutrale Wirtschaft erst ganz am Anfang. Einerseits ist das erschreckend, weil der allergrößte Teil des Weges noch vor uns liegt.
Anderseits bedeutet diese Ausgangslage zeitlich, dass sich noch über Jahre hinweg enorme Wachstumsperspektiven ergeben. Wer sich jetzt nach zukunftsfähigen Technologien und Unternehmen umschaut, kommt keinesfalls zu spät zur Party. Ganz im Gegenteil: Die Musik wird gerade erst aufgedreht.
Ziele werden voraussichtlich verfehlt werden
Unsere dritte These hat es in sich. Doch die Beobachtung des massiv steigenden Energieverbrauchs, der noch immer zu 84 % aus fossilen und damit CO2-intensiven Quellen gedeckt wird, macht deutlich:
Voraussichtlich werden wir die im Pariser Abkommen vereinbarten Klimaziele verfehlen.
Die Energiequellen ändern sich nur sehr langsam
Ein Blick auf die historische Entwicklung der Energieträger verrät: Die von der Menschheit genutzten Energiequellen haben sich in den letzten 200 Jahren nur sehr langsam geändert.
Um das Jahr 1910 herum war Kohle der mit Abstand am meisten genutzte Energieträger. Erdöl erreichte den maximalen Anteil am Energiemix erst 70 Jahre später, um das Jahr 1980 herum.
Die Bedeutung von Solarparks und Windkraftwerken nimmt zwar Jahr für Jahr zu, liegt aber dennoch erst bei etwas mehr als 3 % des weltweiten Energiebedarfs.
Aus heutiger Sicht wird selbst ein ambitionierter Ausbau dieser Erneuerbaren Energien dazu führen, dass erst in einigen Jahrzehnten die Mehrheit der weltweit genutzten Energie aus CO2-neutralen Quellen stammt.
Bis dahin wird der weltweite Energiehunger weiter stark ansteigen – was uns zu dem Schluss kommen lässt, dass die Klimaziele global gesehen mit großer Wahrscheinlichkeit verfehlt werden.
Einen Weg würde es da noch geben, doch der ist (zumindest in Deutschland) gesellschaftlich und politisch nicht gewollt: Die Atomkraft. Wobei da (zumindest international) noch nicht das letzte Wort gesprochen sein dürfte. Womit wir auch schon bei der vierten These ankommen:
Verzicht auf Atomkraft wird nicht länger durchzuhalten sein
Energieverbrauch pro Person nach Energieträgern
Diese Grafik zeigt uns den Energieverbrauch pro Person für verschiedene Länder an. Zuerst einmal fällt auf, dass mit zunehmendem Wohlstand der Energieverbrauch zunimmt. In Indien liegt dieser bei unter 7.000 kWh pro Person und Jahr, in den USA hingegen bei rund 80.000 kWh.
Da der Aufstiegswille in Ländern wie Indien groß ist, können wir mit einem weiteren Anstieg des weltweiten Energieverbrauchs rechnen.
Innerhalb Europas fällt auf, dass Frankreich und Deutschland einen nahezu identischen Energieverbrauch pro Kopf haben. Trotzdem verbrauchen die Franzosen 40 % weniger Energie aus fossilen (und damit CO2-intensiven) Energieträgern als die Deutschen.
Das ist umso verwunderlicher, wenn man bedenkt, welch gewaltige und teure Anstrengungen Deutschland in den letzten Jahren in Richtung Reduktion der CO2-Emissionen unternommen hat. So ist der Strompreis in Deutschland mit rund 30 Cent pro kWh mittlerweile einer der höchsten weltweit.
In Frankreich ist der Strompreis 40 % günstiger und trotzdem bläst Frankreich 40 % weniger CO2-Emissionen pro Kopf in die Luft.
Schweden ist ein weiteres Beispiel dafür, dass die CO2-Emissionen pro Kopf derzeit nur mithilfe der Nuklearenergie nennenswert abgesenkt werden können.
Wir wollen in diesem Artikel keine Position für oder gegen die Atomkraft einnehmen – wir wollen einfach nur die Tatsachen beschreiben. Und zu diesen Tatsachen zählt nunmal, dass der in Deutschland gesellschaftlich und politisch gewollte Atomausstieg die Erreichung der CO2-Ziele um einige Jahre nach hinten verschoben hat – und gleichzeitig die Energiekosten stark ansteigen lassen hat.
Weltweit drohen derzeit nahezu alle Länder die selbst gesteckten Ziele sinkender CO2-Emissionen zu verfehlen. Also dürfte der Druck größer werden, auf wirksame Alternativen zu setzen.
Die sichersten und saubersten Energiequellen
Auf dieser Grafik werden verschiedene Energiequellen miteinander verglichen. Auf der linken Hälfte der Grafik ist zu erkennen, wie sicher ein Energieträger ist (Zahl der Todesfälle aus Unfällen und Luftverschmutzung). Auf der rechten Hälfte der Grafik ist zu erkennen, wie viel CO2 pro Energieeinheit ausgestoßen wird.
Der ideale Energieträger ist sowohl sicher als auch sauber. Kein Wunder, dass Solarenergie und Windenergie in dieser Grafik besonders gut abschneiden. Doch beide Energiequellen haben das Problem, dass sie keinen Grundlastcharakter aufweisen.
Wenn die Sonne scheint und der Wind weht, wird Strom produziert. Doch das ist nicht immer der Fall – wir wollen auch bei Dunkelheit und Windstille Netflix schauen können. Also brauchen wir Energieträger, die jederzeit Energie bereitstellen können.
Kohle hat sich als der gefährlichste und dreckigste Energieträger erwiesen. Daher ist es richtig, dass die Kohlekraftwerke in den nächsten Jahren Schritt für Schritt abgeschaltet werden sollen.
Doch wir müssen die Stromversorgung auch nach der Abschaltung sicherstellen – und werden dafür neue Kraftwerke benötigen. Da Atomkraftwerke in Deutschland nicht infrage kommen, werden Gaskraftwerke en masse neu erbaut werden müssen. Dazu gleich mehr.
Aus Aktionärssicht gilt: Die Bedeutung von Erdgas als Brückentechnologie dürfte in den nächsten Jahren zunehmen. Zudem könnte der Atomkraft als CO2-freier Energieträger eine aussichtsreiche Zukunft bevorstehen, zumindest außerhalb Deutschlands.
Bedeutung von Recycling und Carbon Capture & Storage wird ansteigen
Abschließend noch ein letzter Punkt zur Bestandsaufnahme. Es wird auf Dauer keine Lösung sein, immer mehr Ressourcen zu verbrauchen. Die meisten Ressourcen auf unserer Erde sind endlich.
Eine nachhaltige Existenz wird nur möglich sein, wenn wir zügig Fortschritte beim Recycling und der Wiederverwertung von Rohstoffen machen. Aus Aktionärssicht könnte es sich lohnen, in Unternehmen zu investieren, die in diesem Bereich Lösungen anbieten.
Weiterhin ist aus heutiger Sicht davon auszugehen, dass die Menschheit auch im Jahr 2050 noch Emissionen in erheblichem Umfang verursachen wird.
Doch die Klimaziele müssen nicht unbedingt über einen vollständigen Verzicht von CO2-Emissionen erreicht werden. Ebenso möglich erscheint der Weg, weiterhin CO2 auszustoßen und gleichzeitig an anderer Stelle CO2 aus der Atmosphäre zu entnehmen.
Für das Weltklima hat dieser Weg den gleichen Effekt – möglicherweise ist er jedoch einfacher und auch günstiger zu erreichen. Die Technologie des „Carbon Capture & Storage“ steckt jedoch derzeit erst in der Erprobungsphase.
Eine Möglichkeit besteht bspw. darin, aus der Atmosphäre entnommenes CO2 in alte Ölfelder bzw. Gasfelder zu pumpen und diese anschließend zu verschließen.
In diesem Bereich könnten sich in den kommenden Jahren einige interessante Investitionsmöglichkeiten auftun.
Fazit: Druck wird extrem stark zunehmen – Chancen & Risiken
Nach unserer Bestandsaufnahme kommen wir zu folgendem Ergebnis: Einerseits haben sich die meisten Staaten der Welt zur Klimaneutralität bis zum Jahr 2050 verpflichtet. Anderseits steigt der weltweite Energiehunger immer weiter an – und auch jetzt noch werden 84 % des weltweiten Energiebedarfs über die drei fossilen Energieträger Kohle, Öl und Gas gedeckt.
Gleichzeitig war in der Vergangenheit zu beobachten, dass sich der Energiemix nur sehr langsam und über mehrere Jahrzehnte geändert hat. Dieses Tempo ist jedoch viel zu langsam – wenn man bedenkt, dass Länder wie Deutschland bereits im Jahr 2045 (also in 24 Jahren) vollständig klimaneutral sein wollen.
Das führt uns zu dem Ergebnis, dass der politische Druck auf uns Bürger, vor allem aber auf die Wirtschaft weiterhin massiv ansteigen wird. Regierungen sind langsam und brauchen viel Zeit, bis sie ins Handeln kommen. Wenn sie jedoch einen Weg eingeschlagen haben, gibt es kein Zurück mehr. Es wird solange nachjustiert, bis das gewünschte Ziel erreicht wird.
Werfen wir also einen Blick auf den Koalitionsvertrag, den wir uns im Zuge der Recherchen für diesen Artikel vollständig durchgelesen haben.
Die Ampel-Koalition bezeichnet sich selbst als „Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit“. Im ersten Moment mag sich der Leser denken: Nachhaltigkeit steht doch erst an dritter Stelle. Also geht alles so weiter wie bisher?
Der Eindruck täuscht. Bereits auf Seite 5 findet sich folgender äußerst interessanter Satz:
Mit der Formulierung „Klimaschutz sichert Freiheit, Gerechtigkeit und (…) Wohlstand“ lässt sich wohl nahezu jedes Mittel rechtfertigen. Denn plötzlich geht es beim Klimaschutz nicht mehr bloß um den Klimaschutz, sondern gleichzeitig auch um die Freiheit und Gerechtigkeit.
Ein geschicktes Manöver, denn ab sofort kann jede politische Entscheidung in Richtung Klimaneutralität nicht mehr nur mit dem Klima-Argument, sondern auch den anderen beiden Zielen begründet werden.
Wie gesagt, wir wollen in diesem Artikel keine politische Meinung beziehen – wir wollen den Weg beschreiben, den die Welt im Allgemeinen und Deutschland im Speziellen eingeschlagen hat.
Die Suche nach drei verschiedenen Schlüsselwörtern im Koalitionsvertrag liefert spannende Erkenntnisse: Wer den Begriff „Klima“ sucht, findet 146 Treffer. Der Begriff „Wirtschaft“ taucht immerhin noch an 115 Stellen auf. Das Wort „Freiheit“ ist nur 29 Mal zu finden.
Somit dürfte der Schwerpunkt der neuen Ampel-Koalition klar beschrieben sein.
Die Grünen sind ein wesentlicher Teil der neuen Regierung. Sie haben den Kampf gegen den Klimawandel zu ihrem Hauptversprechen gemacht. Vor diesem Hintergrund ist es kein Wunder, dass es im Koalitionsvertrag heißt, dass der Ausbau der Erneuerbaren Energien zu einem zentralen Projekt der Regierungsarbeit gemacht werden soll.
Ebenso interessant ist folgende Formulierung:
Oftmals entsteht der Eindruck, dass es beim Umbau zu einer CO2-neutralen Wirtschaft ausschließlich um Strom aus Erneuerbaren Energien gehe. Doch das ist falsch. Ebenso bedeutend ist der Umstieg auf eine nachhaltige Mobilität sowie die Minimierung des CO2-Ausstoßes in den Gebäuden.
Aus Aktionärsperspektive heißt das: Nicht nur auf den Strommarkt schauen. Auch im Mobilitäts- und Gebäudesektor gibt es interessante Investitionsgelegenheiten. Womit wir nun bei unserem eigentlichen Thema angekommen sind:
Wie kann man in nachhaltige und grüne Aktien investieren?
In nachhaltige und grüne Aktien investieren: So gelingt es
Auch wenn es um nachhaltige und grüne Aktien geht: Am Ende handelt es sich hierbei um Finanzinvestitionen. Insofern sollten dieselben harten Kriterien angelegt werden wie bei „normalen“ Aktien.
Auch bei grünen Aktien geht es darum, aus der Vielzahl von Unternehmen die wirklich interessanten Aktien herauszufiltern und diese anschließend bei ihrem Wachstum und der Wertsteigerung zu begleiten.
Wir haben vier Kriterien aufgestellt, damit das Investieren in nachhaltige und grüne Aktien zum Erfolg werden kann:
Auf etablierte Geschäftsmodelle setzen
Im Bereich der nachhaltigen und grünen Aktien gibt es besonders viele Luftschlösser. Die Manager diverser dubioser Gesellschaften versprechen ein riesiges Potential mit einer revolutionären Technologie. Sobald diese marktreif wird, wäre ein Gewinn in unvorstellbarer Höhe nur noch eine Frage weniger Tage. Verglichen mit dem angeblich so hohen Gewinnpotential wirkt die Aktie dann plötzlich viel zu günstig.
Diese (fast schon) zu gut klingenden Versprechen treffen auf Anleger, die insgeheim davon träumen, eines Tages mit einer einzelnen Aktie plötzlich reich zu werden. Daher besteht bei solchen Versprechen die Gefahr, dass der Verstand ausgeschaltet wird und man sich aus einer Art spontaner Gier an solchen Unternehmen beteiligt.
In Wirklichkeit geht es bei diesen dubiosen Unternehmen meistens (nicht immer!) darum, Geld von ahnungslosen Kleinanlegern einzusammeln und sich davon ein schönes Leben zu machen.
Daher lautet unser klarer Ratschlag: Es gibt genügend etablierte Unternehmen, die sich in diesem Bereich bewegen. Setzt auf Gesellschaften, die sich bereits seit Jahren im Wettbewerb behaupten. Auf Unternehmen, die einen Umsatz im nennenswerten Umfang erzielen und bereits cashgenerierend sind.
Es ist viel leichter, ein bereits funktionierendes zukunftsfähiges Produkt in weiteren Ländern auszurollen, als ein solches Produkt neu zu erfinden.
Am Ende sind wir Aktionäre die Miteigentümer der Unternehmen. Es ist ein viel besseres Gefühl, Miteigentümer an einem Unternehmen zu sein, das den Übergang in eine nachhaltige Zukunft bereits heute gestaltet und möglich macht – als sich an einem angeblich in den Himmel steigenden gedanklichen Luftballon zu beteiligen.
Durch diesen ganz banalen Ratschlag wird sich die langfristige Performance im Bereich der nachhaltigen und grünen Aktien bereits maßgeblich verbessern.
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Hype Aktien vermeiden
Wichtig ist es, wirkliche Megatrends (also lang anhaltende Trends) von Hype Themen zu unterscheiden.
Eine gute Ausgangsbasis, um echte Trends zu erkennen, kann die aktuelle Studie des Bundesverbands der Deutschen Industrie sein:
BDI-Ausblick: So kann ein klimaneutrales Industrieland Deutschland im Jahr 2045 aussehen
Natürlich ist aus heutiger Sicht noch nicht jede künftige Entwicklung zu erkennen. Doch am Ende wird es darum gehen, die gewaltigen Emissionen in jedem Sektor in Richtung Null abzusenken. Dafür stehen uns bereits heute die meisten Technologien zur Verfügung. Ein kurzer Blick auf die Grafik liefert sofort zahlreiche Investitions-Impulse:
Neue Windkraftwerke, ausgebaute Stromnetze, Wärmepumpen, energiesparende Gebäudesanierungen, ein Ausbau des Schienenverkehrs – in all diesen Bereichen gibt es erfolgreich wirtschaftende Unternehmen, an denen man sich als Aktionär beteiligen kann.
Werfen wir einen genaueren Blick auf die Zahlen:
Allein bis zum Jahr 2030 sind Mehrinvestitionen in Höhe von 860 Mrd. (!) EUR erforderlich
Wohlgemerkt: Diese 860 Mrd. EUR machen Deutschland noch nicht CO2-neutral – sie führen das Land aber auf einen Pfad, von dem aus sich die Klimaneutralität bis zum Jahr 2045 erreichen lässt.
Um die Größenordnungen besser verstehen zu können: 860 Mrd. EUR entsprechen mehr als 10.000 EUR pro Bürger – oder ca. 40 % der aktuellen Staatsverschuldung.
Hierbei handelt es sich also um ein gewaltiges Umbauprojekt. Aus Aktionärssicht gilt: Je größer die Probleme bzw. Herausforderungen, desto größer sind auch die sich daraus ergebenden Chancen.
Ob es nun tatsächlich 860 Mrd. EUR werden, oder doch nur die Hälfte, oder sogar der doppelte Betrag: All das kann heute niemand seriös vorhersagen. Klar ist jedoch: All diese Investitionen stellen gleichzeitig Aufträge dar für Unternehmen, die diese zukunftsfähigen Produkte anbieten.
Dazu ein Beispiel: In der Studie wird aufgeführt, dass bis zum Jahr 2030 48 Mrd. EUR in den Neubau von Gaskraftwerken investiert werden müssen. Also könnte man sich als Anleger jetzt auf die Suche nach börsennotierten Herstellern solcher Kraftwerke machen.
Doch bevor wir zu konkreten Aktien kommen, wollen wir uns nochmals ein wenig mit dem Koalitionsvertrag der neuen Regierung beschäftigen.
Stellt die Ampel-Regierung die richtigen Weichen, springt die Klima-Ampel wortwörtlich auf „grün“?
Problem der Genehmigungsverfahren
Eines der größten Probleme in Deutschland ist die Bürokratie. Wie sollen neue Gaskraftwerke und Windparks errichtet werden, wenn an jedem potentiellen Standort sofort zig „Bürgerinitiativen“ gegen die Vorhaben gegründet werden?
Im Koalitionsvertrag heißt es dazu, dass die Planungen schneller und effektiver gemacht werden sollen. Wenn es der Regierung nicht gelingt, diese fest angezogene Umsetzungshandbremse zu lösen, dann kann sie noch so viele Klimaziele verkünden. Am Ende kommt es auf die Umsetzung an, nicht auf die Ambitionen.
Wir können gespannt bleiben, ob sich in diesem Bereich wirklich was bewegen wird, oder nicht.
Vorgezogener Kohleausstieg und Ausbau der Gaskraftwerke
Im Koalitionsvertrag heißt es, dass der Kohleausstieg möglichst schon bis zum Jahr 2030 umgesetzt wird. Da Kohlekraftwerke besonders viel CO2 ausstoßen, kann dieses Vorhaben die von Deutschland verursachten CO2-Emissionen tatsächlich stark reduzieren.
Jedoch wird gleichzeitig der Neubau zahlreicher Gaskraftwerke nötig sein, um die Versorgungssicherheit in der viertgrößten Volkswirtschaft der Welt weiterhin gewährleisten zu können. Das wiederum führt uns zum Problem der komplizierten Genehmigungsverfahren, das zuerst aus dem Weg geräumt werden muss.
Außerdem wird der Neubau der Gaskraftwerke den Strompreis weiter in die Höhe treiben.
Im Koalitionsvertrag steht es schwarz auf weiß: Erdgas ist für eine Übergangszeit unverzichtbar. Es ist von den drei konventionellen Energieträgern die sauberste Alternative. Also werden wir zuerst von Kohle auf Gas umsteigen. Anschließend vollständig von Gas auf Erneuerbare Energien. Doch das wird noch Jahrzehnte dauern.
Der Gasbedarf Deutschlands könnte daher in den nächsten Jahren weiter ansteigen. Aus Aktionärssicht heißt das: Die Aktien von Shell und Gazprom könnte man sich genauer anschauen.
Doch nicht nur in der Stromerzeugung müssen bedeutsame Weichen gestellt werden: Auch im Mobilitätssektor und bei den Gebäuden müssen die Emissionen stark abgesenkt werden. Dazu kommt die Wohnungsknappheit in vielen deutschen Städten.
Die Ampel-Koalition will die Abschreibung von Neubauten von zwei auf drei Prozent anheben
Mit diesem steuerlichen Trick wird es für Investoren attraktiver, Neubauten zu errichten. Sollte die Bautätigkeit in Deutschland weiter zunehmen, dann könnten zahlreiche börsennotierte Aktien in diesem Bereich profitieren. STO und Steico stellen Dämmstoffe her, die sowohl bei der energetischen Sanierung von Bestandsgebäuden als auch bei Neubauobjekten zum Einsatz kommen.
Ausreichend diversifizieren
Eigentlich sollte dieser dritte Punkt klar sein, wir erwähnen ihn an dieser Stelle nur der Vollständigkeit halber. Auch wenn die Zukunftsperspektiven eines einzelnen Unternehmens aus heutiger Sicht noch so rosig erscheinen, so kann in der Zukunft alles anders kommen, als man denkt.
Der klimaneutrale Umbau der Wirtschaft ist solch ein gewaltiges Projekt, dass ohne Mühe in zahlreichen verschiedenen Sektoren interessante Aktien gefunden werden können.
Auch bei nachhaltigen und grünen Aktien gelten die berühmten Worte von Beate Sander:
„Breit gestreut. Nie bereut.“
Chancen und Risiken verschiedener Aktien gegeneinander abwägen
Als letzten Tipp möchten wir mitgeben, dass es gefährlich ist, sich auf einen einzelnen Sektor zu konzentrieren. Man sollte nicht nur auf eine Technologie setzen („ich investiere nur in Wasserstoff“) oder gar nur an ein Unternehmen glauben („Tesla gehört die gesamte Zukunft“).
Tatsächlich können Anleger entlang der gesamten Wertschöpfungskette mitverdienen. Idealerweise prüft man, bei welchen Aktien die Chancen und Risiken in einem bestmöglichen Verhältnis zueinander stehen.
Liste nachhaltiger und grüner Aktien
Jetzt ist es endlich soweit. Wir stellen dir unsere aktuelle Liste nachhaltiger und grüner Aktien vor. Diese Liste ist als Inspirationsquelle zu verstehen.
Die meisten der aufgeführten Unternehmen haben wir noch nicht näher betrachtet. Welche der genannten Aktien besonders vielversprechend erscheinen, muss eine genauere Analyse beantworten.
Geschäftsmodell | führende börsennotierte Aktien |
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Bau und Wartung von Solar- und Windkraftwerken | Vestas (Windkraft an Land) Siemens Gamesa (Offshore-Wind) SolarEdge (PV-Wechselrichter, Leistungsoptimierer) |
Bau und Wartung von Gaskraftwerken (H2-ready) | Siemens Energy (Gaskraftwerke, Energieübertragung, Beteiligung an Siemens Gamesa) GE (Gaskraftwerke) 2G Energy (Hersteller Blockheizkraftwerke) |
Betreiber von stromerzeugenden Anlagen und Kraftwerken | Orsted (Offshore-Windenergie) Encavis (Solarparks und Windkraftanlagen) Energiekontor (Entwicklung, Bau & Betrieb von Wind- und Solarparks) PNE (Planung, Realisierung & Betrieb von Windparks) 7C Solarparken (Solarparks) E.D.F. (Atomkraftwerke in Frankreich) Verbund (Wasserkraftwerke in Österreich) RWE (Solar- und Windparks, Gaskraftwerke) |
Betreiber von Stromnetzen, die den Strom verteilen | E.ON (Stromnetze und Gasnetze in Deutschland) Red Electrica (Stromnetze Spanien) |
Unternehmen, die der Industrie dabei helfen, CO2-neutral zu werden | Linde (Wasserstoff-Produzent) Air Liquide (Wasserstoff-Produzent) Air Products & Chemicals (Wasserstoff-Produzent) Nippon Sanso (Wasserstoff-Produzent) Friedrich Vorwerk (Energienetze) |
Reduktion des Energieverbrauchs in Gebäuden | Steico (nachhaltige Wärmedämmung) STO (Wärmedämmung) Belimo Holding (Heizungs-, Lüftungs-, Klimatechnik) Nibe Industrier (Wärmepumpen) Instalco (Heizung und Sanitär) |
Energiewende im Mobilitätssektor | Tesla (elektrische Autos, Batterien) Rivian (elektrische Autos) Lucid (elektrische Autos) Verbio (Herstellung von Biokraftstoffen) IVU Traffic Technologies (Software für effizienten ÖPNV) |
Hersteller nachhaltiger Verpackungen | Mayr-Melnhof Karton (Recycling-Karton) Smurfit Kappa (Verpackungen) Mondi (Verpackungen) DS Smith (Verpackungen) Billerud (Papier) UPM Kymmene (Papier, Zellstoff und Holzprodukte) Huhtamäki (Verpackungen) Vidrala (Glasflaschenhersteller) |
Recycling-Unternehmen | Tomra (Herstellung Pfandautomaten und Recycling-Anlagen) Waste Management (Abfallentsorgung in USA) Umicore (Recycling) MO-BRUK (Abfallentsorgung in Polen) Veolia (Wasser & Abfallentsorgung) |
CO2-Abscheidung und CO2-Speicherung | Weyerhaeuser (Waldbesitzer) Aker Carbon Capture (Carbon Capture & Storage) |
Bergbaukonzerne, die für den Umbau benötigte Rohstoffe fördern | Rio Tinto (Eisenerz, Alu, Kupfer, Lithium) Fortescue Metals (Eisenerz) Aurubis (Kupferproduzent & Kupferrecycling) |
Finanzunternehmen, die nachhaltige Produkte anbieten | MSCI (Nachhaltigkeitsratings) Ökoworld (nachhaltige Aktienfonds) Quirin Privatbank (nachhaltige Geldanlagen) Umweltbank (nachhaltige Geldanlagen & Finanzierungen) |
Sonstige Unternehmen | eBay (Wiederverwendung von Gegenständen) IVU Traffic Technologies (Software für ÖPNV) Verbio (Biokraftstoffe) Shimano (Fahrradkomponenten) |
Dir fehlen Aktien auf dieser Liste? Dann schreibe doch einfach einen Kommentar unter diesem Beitrag. Alternativ kannst du dich per Mail an jonathan@abilitato.de wenden.
Gerne nehmen wir weitere Vorschläge in unserer Liste auf.
So geht’s jetzt weiter
Dieser Artikel war unser Einstieg in den Bereich der nachhaltigen und grünen Aktien.
Die Bestandsaufnahme hat ergeben, dass wir erst ganz am Anfang des Umstiegs stehen. Gleichzeitig läuft uns die Zeit davon. Daher ist davon auszugehen, dass der politische Druck weiter zunehmen wird.
In den nächsten Wochen werden wir entlang der Wertschöpfungskette unterschiedlichste grüne bzw. nachhaltige Aktien unter die Lupe nehmen.
Wir wollen Unternehmen identifizieren, die folgende Eigenschaften aufweisen:
- etabliertes Geschäftsmodell
- zukunftsfähige Produkte mit einem Wettbewerbsvorteil gegenüber den Konkurrenten
- bereits heute nennenswertes Umsatzvolumen und auskömmliche Cashgenerierung
- viele Jahre andauernder Wachstumspfad voraus
- angemessene Bewertung
Nicht jede Aktie wird uns überzeugen. Nicht jedes Unternehmen werden wir ausreichend verstehen. Nicht jedes Wertpapier wird zum Zeitpunkt der Analyse sofort attraktiv bewertet sein.
Doch das ist auch gar nicht notwendig. Es genügt schon, einige spannende Titel zu finden. Die vor uns liegenden Herausforderungen, aber auch Chancen sind enorm.
Wir sind bereits jetzt unglaublich gespannt darauf, welche Aktien wir in den nächsten Wochen entdecken und dir anschließend in Form unserer bekannten Aktienanalysen vorstellen werden.
Wenn du unsere kommenden Analysen zu den nachhaltigen und grünen Aktien nicht verpassen möchtest, dann melde dich am besten direkt für unseren Newsletter an:
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Recherchequellen
Dieser Abschnitt ist für alle, die auf eigene Faust weiter recherchieren möchten. Hier folgt eine Auflistung der wichtigsten Recherchequellen:
Recherchequelle | Was ist dort zu finden? |
---|---|
BDI | Studie „Klimapfade 2.0 – ein Wirtschaftsprogramm für Klima und Zukunft“ |
manager magazin | Artikel: Missmanagement Energiewende – Warum für den Umbau der Wirtschaft der grüne Strom knapp wird |
FDP.de | Koalitionsvertrag „Mehr Fortschritt wagen“ zwischen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP |
Our World in Data | Grafiken zur Nuklearenergie |
Our World in Data | Grafiken zu Erneuerbaren Energien |
Our World in Data | Grafiken zu Fossilen Energien |
Our World in Data | Grafiken zum Energiemix |