Rivian Aktie im Update: Ab in die Produktionshölle

Rivian hat den ersten vollelektrischen Pick-up Truck auf den Markt gebracht. Jetzt fährt das Unternehmen die Produktion hoch. Kann Rivian zu Tesla aufschließen? Alle Neuigkeiten in unserem Update zur Rivian Aktie.

Inhaltsverzeichnis

Übersicht zur Rivian Aktie

Kurs je Aktie26,80 USD
KGV 2022e/23e-4,1/-4,6
Div.-Rendite 2022e/23e0,0 %/0,0 %
FCF-Rendite 2022e/23e-28,2 %/-27,1 %
ISINUS76954A1034

Geschäftsmodell

Rivian ist ein 2009 gegründeter Hersteller von vollelektrischen Automobilen im Premium-Segment. Das Unternehmen baut, ähnlich wie Tesla, ein vollständiges Ökosystem rund um die Fahrzeuge auf.

In anderen Worten: So viel wie möglich möchte Rivian selbst erledigen, dabei nur auf wenige Zulieferer und Partner zugreifen müssen. Durch den hohen Grad an vertikaler Integration möchte Rivian eine bessere Qualität, schnellere Innovationen und geringere Kosten erreichen.

Klassischerweise greifen Automobilhersteller auf ein großes Netzwerk von Zulieferern und Partnern zurück. Dadurch lässt sich der Kapitaleinsatz senken und die Flexibilität erhöhen.

Rivian produziert derzeit einen Pick-Up Truck, einen großen SUV und ein Lieferfahrzeug für die Zustellung von Amazon-Paketen.

Investitionsthese

Rivian ist es gelungen, mehr als 26 Mrd. USD Eigenkapital von Investoren einzusammeln. Davon sind aktuell noch ca. 17 Mrd. USD an Liquidität übrig. Zu den Investoren zählen unter anderem Amazon und Ford.

Dieser Kapitalpuffer sollte es dem Unternehmen ermöglichen, ohne weitere Kapitalerhöhungen eine Produktionskapazität von mehreren hunderttausend Fahrzeugen zu erreichen.

Die drei Modelle, die bereits produziert werden, haben in Summe fast 200.000 Vorbestellungen erhalten.

Rivian wirkt auf uns wie eine „erwachsene“ Version von Tesla. Das Unternehmen kommuniziert vorsichtiger und versucht keine Versprechungen zu machen, die nicht gehalten werden können.

Die Strategie basiert auf folgenden Eckpfeilern:

  • ausschließlicher Fokus auf vollelektrische Fahrzeuge
  • Platzierung im Premium-Segment
  • tiefe vertikale Integration (viele Komponenten selbst herstellen)
  • hohe Investitionen in die Software der Fahrzeuge
  • Einstieg mit teuren Modellen, später ist die Produktion größerer Stückzahlen in preiswerteren Segmenten geplant

Sollte es gelingen, in einigen Jahren nachhaltig profitabel zu wirtschaften, dann könnte der Kapitalmarkt dem Unternehmen eine hohe Bewertung zugestehen.

Tatsächlich aber verfolgen wir die Unternehmensentwicklung von Rivian auch aus dem Grund, weil wir sehen wollen, ob es einem Unternehmen trotz guter Ausgangsbedingungen überhaupt gelingen kann, dauerhaft gegen die etablierten Autohersteller zu bestehen.

Wichtige KPIs zur operativen Entwicklung

Entwicklung der Nachfrage/Vorbestellungen

Amazon hat 100.000 Bestellungen für das Lieferfahrzeug von Rivian getätigt. Der Pick-up Truck und der SUV haben zusammen weitere 90.000 Vorbestellungen erhalten.

Anfang März hat Rivian die Preise um rund 21 % nach oben angepasst. Das durchschnittlich bestellte Fahrzeug kostet nun mehr als 93.000 USD. Trotz der starken Preiserhöhung sind seitdem mehr als 10.000 neue Bestellungen eingegangen.

Das ist beachtlich, denn Rivian gibt kein Geld für Werbeanzeigen oder andere Marketing-Aktivitäten aus. Zudem wurden bisher erst 5.000 Fahrzeuge ausgeliefert. Einige Kunden sind so begeistert, dass sie ihren Freunden ebenfalls den Kauf eines Rivian Autos empfehlen.

Das sieht erst eimal ziemlich gut aus. Allerdings möchte Rivian die Produktionskapazität bis zum Jahr 2026 auf rund 600.000 Fahrzeuge pro Jahr ausbauen. Die große Frage wird sein, ob diese Produktionskapazität vollständig ausgelastet werden kann – und zwar zu Verkaufspreisen, bei denen Rivian profitabel arbeitet.

Solange dieser Beweis nicht erbracht wurde, sollten Investoren hohe Sicherheitsabschläge bei der Bewertung der Rivian Aktie vornehmen.

Produktionskapazität und Auslieferungen

Im ersten Quartal hat Rivian 2.500 Fahrzeuge produziert und 1.200 ausgeliefert. Das entspricht einer Produktionsrate von 10.000 Fahrzeugen pro Jahr.

Im Gesamtjahr möchte Rivian 25.000 Fahrzeuge erreichen.

Der limitierende Faktor sei derzeit die unsichere Verfügbarkeit von Halbleitern und anderen eingekauften Teilen. Im zweiten Halbjahr erwartet das Management eine Entspannung auf der Beschaffungsseite.

Bis zum Produktionsziel von 600.000 Fahrzeugen im Jahr 2026 ist es noch ein weiter Weg.

Cashreserven

Ende März verfügte Rivian über einen Cashbestand von 17 Mrd. USD. Trotz der geringen Produktionszahlen von nur wenigen tausend Fahrzeugen pro Quartal verbrennt das Unternehmen Geld in Milliardenhöhe.

Für die Jahre 2022 und 2023 wird jeweils ein Cashburn in Höhe von ca. 7 Mrd. USD erwartet. Somit könnte Rivian bereits im Jahr 2024 auf die nächste Kapitalerhöhung angewiesen sein.

Damit beweist Rivian eindrucksvoll, wie kapitalintensiv die Automobilindustrie ist. Das bereits eingesammelte Eigenkapital von 26 Mrd. USD wird vermutlich nicht ausreichen, um die volle geplante Produktionskapazität von 600.000 Fahrzeugen pro Jahr aufzubauen.

Damit dürfte auch klar sein, dass von den neuen Automobilherstellern mit Ausnahme von Tesla und Rivian kaum ein Unternehmen mehr als 10 Jahre überleben wird.

Erkenntnisse aus den Quartalszahlen und dem Management Call

1,5 Mrd. an Subventionen erhalten

Rivian produziert derzeit in einer Fabrik mit einer Kapazität von rund 150.000 Fahrzeugen pro Jahr. Ab 2025 soll die zweite Fabrik mit einer zusätzlichen Kapazität von 450.000 Fahrzeugen errichtet werden.

Der Bundesstaat Georgia will Rivian mit Subventionen im Umfang von 1,5 Mrd. USD unterstützen. Die neue Fabrik soll in zwei gleichen Teilen errichtet werden. So kann die Kapazität schrittweise an die Nachfrage angepasst werden.

Break-Even wohl frühestens im Jahr 2026 denkbar

Tesla musste jahrelang durch die „Produktionshölle“ hindurch. Rivian steht diese Phase noch bevor.

Das Unternehmen wurde neu gegründet und macht einige Dinge anders als die etablierte Konkurrenz. Dabei kommt es zwangsläufig zu Ineffizienzen, Fehlern und Flaschenhälsen.

Die dabei entstehenden Erfahrungen ermöglichen eine Lernkurve. Doch aus heutiger Sicht ist zu erwarten, dass Rivian auf Jahre hinaus erst einmal jährlich mehrere Mrd. USD verbrennen wird.

Fazit: Rivian Aktie beobachten, „Produktionshölle“ steht bevor ⚠️ 

Rivian hat den ersten vollelektrischen Pick-up Truck auf die amerikanischen Straßen gebracht. Das Unternehmen positioniert sich als Premiumhersteller im volumenstärksten und profitabelsten Segment des US-Automarktes.

Das eingesammelte Eigenkapital ermöglicht es Rivian, unabhängig von der Verfassung der Kapitalmärkte eine Produktionskapazität von mehreren hunderttausend Fahrzeugen aufbauen zu können. Es besteht jedoch die Gefahr, dass die Liquidität bereits vor der Zielmarke von 600.000 Fahrzeugen pro Jahr ausgeht.

Dann würde es zu verwässernden Kapitalerhöhungen kommen. Das Unternehmen dürfte in den nächsten Jahren die Produktion Stück für Stück hochfahren und dabei den Großteil der Cashposition „verbrennen“.

Die große Frage ist, ob am Ende dieses Prozesses ein nachhaltig profitables Unternehmen mit hoher Nachfrage, treuen Kunden und einer attraktiven Gewinnmarge entstanden ist.

Der Beweis zur Fähigkeit einer nachhaltigen Cashgenerierung steht jedoch noch aus. Wer Geld in die Rivian Aktie investiert, sollte es im Kopf am besten sofort abschreiben. Es handelt sich um ein hochriskantes Venture Capital-Investment.

Dazu kommt, dass der Kapitalmarkt aktuell überhaupt keine Lust auf Unternehmen hat, die erst einmal auf Jahre hinaus viel Cash verbrennen werden. Das erklärt auch die hohe Shortquote von 10 % der ausstehenden Aktien.

Mit einem Kursrückgang von 76 % im Jahr 2022 und 84 % seit dem Allzeithoch zählt die Rivian Aktie zu den schwächsten Wertpapieren am amerikanischen Börsenmarkt. Die aktuelle Marktkapitalisierung von 25,5 Mrd. USD liegt unterhalb den 26,2 Mrd. USD, die Rivian in Form von Eigenkapital bisher eingesammelt hat.

Aus meiner persönlichen Sicht wird die Rivian Aktie erst dann interessant, wenn sich ein nachhaltiges Überschreiten der Gewinnschwelle abzeichnet. Bis dahin werde ich die Aktie lediglich beobachten, um ein besseres Verständnis für den Automarkt erlangen zu können.

Alle unsere Artikel zur Rivian Aktie

Recherchequellen

Dieser Abschnitt ist für alle, die auf eigene Faust weiter recherchieren möchten. Hier folgt eine Auflistung der wichtigsten Recherchequellen:

RecherchequelleWas ist dort zu finden?
AbilitatoRivian Aktienanalyse
Aktienfinder.netGrafiken und Kennzahlen zur fundamentalen Entwicklung 
Marketscreener.comAnalystenschätzungen zur künftigen Entwicklung
TIKR.comGrafiken und Kennzahlen zur fundamentalen Entwicklung
RivianQuartalszahlen Q1/2022
Seeking AlphaTranskript zum Rivian Q1/2022 Management Call

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    Kommentare zu diesem Blogbeitrag

    2 Antworten

    1. Hallo Jon,
      vielleicht für den einen oder anderen ja auch interessant? https://youtu.be/yA1IV8SADkA
      – ein Blick von A-Z in die Fabrik zusammen mit dem Gründer!
      Ich hatte beruflich bedingt, viel Einblick in die Produktion und F&E bei den OEMs aus DE, und würde behaupten, das ist schon auf einem sehr guten Level angekommen, wo man behaupten kann -> das wird was.
      Zum einen haben sie im neuen Werk in Georgia die Möglichkeit alles was im Alten nicht geht/ging,
      kann dort noch einmal verbessert werden.
      Und ich traue Herrn Scaringe viel zu, er ist so bodenständig und den Menschen nah geblieben. Sieht man selten – ich glaube ja auch, dass sein eigentlicher Name Clark Kent ist :)
      Bisschen Spaß muss sein, oder?
      Aber es bleibt ein hochspekulatives Invest, da bin ich ganz bei dir.
      Beste Grüße DaBraX

      1. Vielen Dank für diesen interessanten Kommentar. Rivian hat kürzlich einen neuen COO angestellt, der zuvor bei Daimler und Magna International tätig gewesen ist. Auch das werten wir als sehr gutes Zeichen.
        BG Jon

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