Fünf Risiken der Berentzen Aktie: Das könnte schiefgehen

Im Anschluss an unseren Beitrag zur Berentzen Aktie haben wir viel Feedback erhalten. In diesem Artikel wollen wir auf einige Risiken eingehen, die im ersten Beitrag noch etwas zu kurz gekommen sind. Anschließend prüfen wir, ob unsere Investitionsthese weiterhin intakt ist.

Inhaltsverzeichnis

Übersicht zur Berentzen Aktie

Datum20.01.2023
Zahl der Aktien9,4 Mio.
Aktienkurs6,10 EUR
Marktkapitalisierung57 Mio. EUR
Net Cash mit Factoring17 Mio. EUR
Net Debt ohne Factoring31 Mio. EUR
Unternehmenswert (mit/ohne Factoring)40/88 Mio. EUR
ISINDE0005201602

Über diesen Artikel

Vor wenigen Tagen haben wir einen ausführlichen Blogartikel zur Berentzen Aktie veröffentlicht. Daraufhin haben wir viel Feedback von euch bekommen. Darüber freuen wir uns immer ganz besonders, denn durch den Austausch können wir alle etwas dazulernen.

Etabliert als Diskussionsplattform hat sich der Abilitato Twitter Account. Diesmal ist das daraus resultierende Feedback qualitativ und quantitativ so wertvoll geworden, dass wir uns dazu entschieden haben, einen zweiten Blogartikel zur Berentzen Aktie zu schreiben.

Vielen Dank an alle, die uns Feedback gegeben haben. Im Speziellen möchten wir hervorheben:

  • Das Telefonat mit Alexander Langhorst (Twitter: @HVBesuch), der sich bereits seit vielen Jahren mit der Berentzen Aktie beschäftigt
  • Der Mail-Austausch mit Jens Schnieders (@SchniedersJens), der das Unternehmen ebenfalls schon seit langer Zeit beobachtet
  • Die Eindrücke eines Experten aus der Getränkeindustrie
  • Das Telefonat mit Johannes Wild (@JohannesWild6)
  • Uwe Jännert (@boersenhaendler), der uns mit anderen Aktionären verbunden hat
  • Matthias Schmitt (@Matschmitt2009)
  • sowie „ValueandOpportunity“ (@Memyseldandi007)

Wer den ersten Blogartikel zur Berentzen Aktie noch nicht gelesen hat, sollte das nachholen. Dort sind wir auf das Unternehmen, die Chancen und Risiken sowie unsere Investitionsthese eingegangen.

In den folgenden Abschnitten wollen wir euch nun einige Risiken darlegen, die im ersten Artikel noch etwas zu kurz gekommen sind. Anschließend prüfen wir, ob unsere Investitionsthese weiterhin intakt ist.

Wir legen Wert darauf, bei unseren Unternehmensvorstellungen möglichst ausgewogen zu berichten. Dieser Artikel dient also nicht dazu, euch zu verunsichern oder unseren ersten Artikel zu entkräften. Uns geht es darum, einige Ansichten und Risiken zu ergänzen, um insgesamt ein möglichst aussagekräftiges Bild vom Unternehmen zu zeichnen.

Weitere Risiken einer Investition in die Berentzen Aktie

Auf einige Risiken sind wir bereits im ersten Artikel zur Berentzen Aktie eingegangen. Es folgt die Ergänzung um folgende Punkte:

Ist Berentzen eine „leere Unternehmenshülle“?

Private Equity Investoren möchten besonders hohe Renditen erzielen. Um den Gewinn zu maximieren, verkaufen sie daher oftmals alles, was nicht niet- und nagelfest ist und sich zu Geld machen lässt. Nach dem Ausstieg bleibt dann eine „leere Unternehmenshülle“ übrig, in der kaum noch Substanz vorhanden ist.

Bei Berentzen war der Private Equity Investor Aurelius von 2008 bis 2016 am Werk. Der aktivistische Investor gab bekannt, den Einsatz während dieser Zeit vervierfacht zu haben. Inwieweit bei Berentzen alles verkauft wurde, was versilbert werden konnte, können wir nicht beantworten.

Was wir jedoch können, ist einen Blick auf die Entwicklung des werthaltigen Eigenkapitals (Tangible Equity, bereinigt um immaterielle Vermögenswerte wie Goodwill) zu werfen.

Werthaltiges Eigenkapital der Berentzen Aktie
Bildquelle: TIKR.com.

Es zeigt sich, dass es der Berentzen-Gruppe seit dem Jahr 2014 durch den teilweisen Einbehalt von Gewinnen gelungen ist, die Eigenkapitalbasis um 11 Mio. EUR zu stärken. Durch diesen Substanzaufbau verfügt die Gesellschaft nun wieder über mehr finanzielle Reserven.

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    Sitzen die mächtigen Supermarktketten am längeren Hebel?

    In Deutschland gibt es nur noch vier große Lebensmittelhändler (Edeka, REWE, Aldi sowie die Schwarz-Gruppe mit Lidl und Kaufland). Wenn ein Nahrungsmittelhersteller Produkte im deutschen Markt verkaufen möchte, kommt es an diesen Konzernen kaum vorbei.

    Die Lebensmittelhändler sind sich ihrer Macht bewusst und führen entsprechend harte Preisverhandlungen. Das kann bei den Lebensmittel- und Getränkeunternehmen dazu führen, dass die steigenden Produktionskosten nicht vollständig oder nur zeitverzögert weitergegeben können.

    Weiterhin bezahlen die Supermarktketten die Ware erst nach einigen Monaten, sodass sich auf Ebene der Nahrungsmittelhersteller ein großer Finanzierungsbedarf ergibt.

    Besonders gefährlich wird die Situation, wenn es ein Machtgefälle zwischen den Händlern und Herstellern gibt. Konsumgüterriesen wie Coca-Cola befinden sich dabei noch in einer vergleichsweise guten Verhandlungsposition. Sie können den Händlern damit drohen, die Belieferung einzustellen. Wenn das geschieht, bleiben die Regale der jeweiligen Supermarktkette leer. Das kann dazu führen, dass die Kunden künftig bei einer anderen Supermarktkette einkaufen, weil sie auf ihre Original Cola nicht verzichten wollen.

    Doch es gibt auch Marken, da greifen die Kunden bei einer fehlenden Belieferung einfach zu einem Konkurrenzprodukt oder zur Eigenmarke und geben sich damit zufrieden. In diesem Fall bröckelt die Verhandlungsstärke eines Nahrungsmittelherstellers gewaltig.

    Prüfen wir nun, wie die Lage bei der Berentzen-Gruppe ist. Im aktuellen Geschäftsbericht heißt es:

    Insgesamt erzielte die Berentzen-Gruppe im Geschäftsjahr 2021 mit ihren drei größten, jeweils dem Lebensmitteleinzelhandel zugehörigen Kunden rund 48 % (…) der Konzernumsatzerlöse.

    Geschäftsbericht 2021, Berentzen-Gruppe.

    Wir können festhalten: Berentzen ist von den wenigen verbliebenen Lebensmittelhändlern abhängig. Wenn nur einer der drei größten Kunden wegbrechen würde, hätte das für die Geschäftsentwicklung stark negative Auswirkungen.

    Auf der anderen Seite hat sich der tradtionsreiche Spirituosenhersteller im Jahr 2022 respektabel geschlagen:

    • Trotz eines enormen Anstiegs bei den Material-, Verpackungs-, Energie- und Logistikpreisen konnte die Berentzen-Gruppe die operative Gewinnmarge in den ersten drei Quartalen des Jahres um 0,5 Prozentpunkte steigern.
    • Weiterhin sind einige Produkte wie der Apfel Korn deutschlandweit in nahezu jedem Supermarkt zu finden.
    • Die Unternehmensgruppe hat eine mehr als 260-jährige Geschichte, die Marke „Berentzen“ dürfte fast jedem Bürger bekannt sein.

    Trotzdem besteht hier eine große Abhängigkeit, weshalb wir dem Unternehmen auch keine 10, 12, 15 oder gar 20 % operative Gewinnmarge zutrauen, sondern in unserem Investment Case die Annahme eine EBIT-Marge von 8 % getroffen haben.

    Überteuerte Übernahmen und fehlender Fokus

    Weil die Berentzen-Gruppe in den letzten Jahren finanzielle Reserven aufgebaut hat, könnte sich das Management nun dazu entscheiden, eine (oder sogar mehrere) Übernahmen durchzuführen.

    Bei einer Übernahme erhöht sich die Verschuldung. Zudem könnte eine verwässernde Kapitalerhöhung notwendig sein. Und es besteht das Risiko eines überhöhten Kaufpreises. Der hätte zur Folge, dass der innere Wert der Aktie sinkt.

    Weiterhin erfordert die Integration einer Übernahme viel Zeit und Energie, die dann im Kerngeschäft fehlt und dort die Entwicklung ausbremsen könnte.

    Dies wäre im Fall von Berentzen besonders schade, denn die Marken Mio Mio und Citrocasa haben eigentlich ein großes Wachstumspotential. Daher hoffen wir, dass vom Unternehmen keine großen Übernahmen durchgeführt werden.

    Bleibt die Frage: Mit welcher Wahrscheinlichkeit kommt es zu einer größeren Übernahme?

    • Seit der Akquisition von Citrocasa im Jahr 2014 hat die Berentzen-Gruppe keine größeren Übernahmen mehr getätigt. Das werten wir als positives Zeichen.
    • Weiterhin ist die variable Vergütung des Vorstands von der Kursentwicklung der Berentzen Aktie abhängig. Insofern hat der Vorstand keinen Anreiz, eine überteuerte Übernahme zu tätigen.

    Ausgeschlossen werden kann dieses Risiko jedoch bei kaum einer Aktiengesellschaft.

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    Lebensmittel- bzw. Imageskandal

    Dabei handelt es sich um ein branchenübliches Risiko, mit dem jeder Nahrungsmittelhersteller umgehen muss.

    Immerhin: Da die Berentzen-Gruppe nicht so sehr im medialen Fokus wie Coca-Cola oder McDonald’s steht, könnte dieses Risiko für die Gesellschaft nicht ganz so bedeutend sein.

    Solche Risiken lassen sich am besten durch eine gute Diversifikation reduzieren.

    Potential der Mio Mio Marke kann nicht gehoben werden

    Die Berentzen Aktie erscheint uns auch deshalb so spannend, weil die vielversprechenden Aktivitäten im Bereich von Energydrinks (Mio Mio) und frischem Orangensaft (Citrocasa) einen zunehmend bedeutenderen Anteil am Gesamtumsatz der Berentzen-Gruppe erreichen.

    Umsatzanteil von Mio Mio und Citrocasa am Gesamtumsatz der Berentzen-Gruppe
    Bildquelle: Unternehmensdokumente der Berentzen-Gruppe, Abilitato Schätzungen.

    Jeder zusätzliche Prozentpunkt Wachstum in diesen beiden Aktivitäten macht sich mehr und mehr im Gesamtergebnis der Unternehmensgruppe bemerkbar.

    Das Risiko besteht folglich darin, dass diese interessante Ausgangslage nicht genutzt werden kann, weil die Mitarbeiter mit anderen Aktivitäten beschäftigt sind.

    Hierzu ein Beispiel: Bei der zweiten alkoholfreien Marke „Kräuterbraut“ mit einer schick designten Website kam es im Jahr 2021 zu einem Umsatzrückgang von 19 % auf nur noch 153.000 EUR. Wenn sich bei dieser Marke keine zügige und deutliche Verbesserung einstellt, sollte der Fokus voll und ganz auf die Expansion von Mio Mio gelenkt werden.

    Weiterhin besteht das Risiko, dass Getränke auf Matebasis nicht mehr so angesagt sind und die Kunden zunehmend zum nächsten Trendgetränk wechseln. Unserer Meinung nach ist dieses Risiko jedoch begrenzt, da in einer Flasche Mio Mio mehr Koffein als in einer üblichen Dose Red Bull enthalten ist.

    Zudem ist der Geschmack einzigartig und natürlich. Daher dürfte dem Getränk eine gewisse Fanbasis sicher sein. Wie weit es sich gegen den Mainstream durchsetzen wird, ist schwer zu sagen. Angesichts einer Börsenbewertung von nur 60 Mio. EUR ist das aber auch gar nicht erforderlich.

    Zuletzt ist es dem Unternehmen gelungen, das Umsatzwachstum von Mio Mio in jedem Quartal weiter zu steigern. Ein starkes Zeichen.

    Umsatzwachstum von Mio Mio auf Quartalsbasis
    Bildquellen: Unternehmensdokumente der Berentzen-Gruppe, Abilitato Schätzungen.

    Fazit: Investment Case ist intakt

    Wer Aktien in sein Depot kauft, beteiligt sich an den unternehmerischen Chancen UND Risiken eines Unternehmens. Viele Anleger sind auf der Suche nach den größten und wertvollsten Unternehmen der Welt.

    Im Bereich der Getränkehersteller stehen daher die Aktien von Coca-Cola und PepsiCo hoch im Kurs. Beide Unternehmen erwirtschaften enorme Cashflows und verfügen über einige der wertvollsten Marken der Branche. Doch das hat seinen Preis: Diese Wertpapiere werden mit dem 3- bis 6-fachen Umsatz und dem 23-fachen Gewinn bewertet.

    KennzahlCoca-ColaPepsiCoBerentzen
    KUV (2023e)5,92,70,3
    KGV (2023e)23239

    Keine Frage, bei Berentzen kommt es zu viel stärkeren Schwankungen in der Unternehmens- und Kursentwicklung.

    Doch ist es wirklich richtig, dass ein Euro Umsatz bei Coca-Cola oder PepsiCo das 9- bis 23-fache wert sein soll? Ist ein 2,5-mal so hohes KGV angebracht, obwohl bei Berentzen das Potential zur Margensteigerung besteht?

    Wir denken, dass nicht nur auf die Qualitäten eines Unternehmens, sondern auch auf den dafür zu zahlenden Preis geachtet werden sollte. Selbstverständlich bestehen bei Berentzen erhöhte Risiken. Eine erfolgreiche zukünftige Entwicklung kann keinesfalls garantiert werden.

    Umgekehrt bieten sich auch ungleich größere Chancen. Am Ende muss sich jeder Anleger fragen, welche Strategie er verfolgt und welche Aktien zu der gewählten Strategie passen.

    Daher lässt sich nicht pauschal beantworten, ob die Berentzen Aktie eine gute Investition ist oder nicht. Ich persönlich sehe derzeit ein gutes Chance-Risiko-Verhältnis und bin daher in der Berentzen Aktie investiert.

    Besonders überzeugt hat mich die Tatsache, dass die operative Gewinnmarge in den ersten drei Quartalen des Jahres 2022 trotz der enormen Kostensteigerungen erhöht werden konnte. Zudem erreicht der Umsatzanteil von Mio Mio und Citrocasa nun einen Wert, bei dem sich weiteres Wachstum in diesen Aktivitäten nennenswert in der Gewinnentwicklung des gesamten Konzerns bemerkbar machen dürfte.

    Ab sofort werden wir die Entwicklung der Berentzen Aktie genau beobachten und dich in unserem Newsletter darüber informieren, sobald wir einen neuen Blogbeitrag zu Berentzen veröffentlicht haben.

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      Alle unsere Artikel zur Berentzen Aktie

      Recherchequellen

      Dieser Abschnitt ist für alle, die auf eigene Faust weiter recherchieren möchten. Hier folgt eine Auflistung der wichtigsten Recherchequellen:

      RecherchequelleWas ist dort zu finden?
      AbilitatoBerentzen Aktie Unternehmensanalyse
      Aktienfinder.netGrafiken und Kennzahlen zur fundamentalen Entwicklung 
      Marketscreener.comAnalystenschätzungen zur künftigen Entwicklung
      TIKR.comGrafiken und Kennzahlen zur fundamentalen Entwicklung
      AureliusAurelius steigt bei Berentzen aus
      Berentzen-GruppeGeschäftsbericht 2021